Bewertung von Spanien-Immobilien für Zwecke der spanischen Erbschaftsteuer

Der Beitrag gibt eine Einführung in die Regelungen zur Bewertung von Immobilien in Spanien für Zwecke der spanischen Erbschaftsteuer.

Wertermittlung und Wertangabe durch den Steuerpflichtigen

Im Erbfall muss der Erwerber (Erbe, Vermächtnisnehmer) die spanische Erbschaftsteuer (impuesto sucesiones) erklären und hierzu in der Steuererklärung den Verkehrswert (valor real) angeben, Art. 18 Ziff. 2, S. 1 span. ErbStG. Wie der Steuerpflichtige den Wert ermitteln soll, sagt das span. ErbStG nicht. Allerdings ist ein zu hoher Wert immer maßgeblich (Art. 18 Ziff. 2 S. 2 span. ErbStG). Allerdings werden keine Sanktionen verhängt, wenn der erklärte Wert den nach den Bewertungsregeln des Vermögensteuergesetzes (Ley 19/1991, de 6 de junio, del Impuesto sobre el Patrimonio) berechneten Wert nicht unterschreitet, Art. 18 Ziff. 4. span. ErbStG. Gemäß Art. 10 des Vermögensteuergesetzes ist der höchsten folgender Werte maßgeblich:

  • Der Steuerwert,
  • Der Preis, die Gegenleistung oder der Wert bei Erwerb oder
  • Der durch die Verwaltung für andere Steuerzwecke festgestellte Wert.

Der Steuerwert ist der in der Praxis wichtigste Gesichtspunkt bei der Bestimmung des erklärten Wertes. Zur Ermittlung ist der beim Katasteramt (Dirección General del Catastro) verzeichnete Katasterwert (valor catastral) mit einem Multiplikations-Koeffizient (coeficiente multiplicador) zu vervielfältigen.

Hinweise: Ist dieser Wert höher als der Verkehrswert, sollte in der Regel der niedrigere Verkehrswert angegeben werden, da ein zu hoher Wert den Steuerzahler bindet! Ausnahmsweise ist nur dann ein höherer Wert anzugeben, wenn dies bei Gesamtbetrachtung vorteilhaft ist, z.B. wenn die Erbschaftsteuer verjährt ist und die Immobilie alsbald mit Gewinn veräußert werden soll.

Bedeutsam für die Wertbestimmung kann aber auch der Wert beim letzten Erwerb sein. Hatte der Erblasser die Immobilie durch Kauf erworben, sollte der um die Anschaffungskosten und Inflation bereinigte Kaufpreis nicht unterschritten werden. Hatte er ein Grundstück bebaut, sollte außerdem der Wert des Neubaus nach der  Neubauerklärung (declaración de obra nueva) berücksichtigt werden. Hatte der Erblasser die Immobilie seinerseits von Todes wegen erworben, sollte der in der Erbschaftssteuererklärung angegebene Wert abzüglich der gezahlten Erbschaftsteuer nicht unterschritten werden.

Der durch die Verwaltung für andere Steuerzwecke festgestellte Wert ist bei Bewertungen von Immobilien für Zwecke der Erbschaftsteuer seltener von Bedeutung. Vorsorglich sollte allerdings auch stets überprüft werden, ob die Finanzverwaltung für andere Steuerzwecke einen höheren Wert festgestellt hat, z.B. Stempelsteuer (Actos jurídicos documentados) bei einer Teilung.  

Überprüfung der Wertangabe und Nachfestsetzung durch die Finanzbehörden

Das Finanzamt kann die Wertangabe mit den Mitteln der Art. 52 des spanischen allgemeinen Abgabengesetzes (Ley 58/2003, de 17 de diciembre, General Tributaria,  LGT) überprüfen (comprobación de valores).  Bei Immobilien erfolgt die Überprüfung in der Regel auf der Grundlage des Steuerwerts (valor catastral). Bei außergewöhnlichen Immobilien (z.B. historische Bauten) oder Gewerbeimmobilien kann es auch sein, dass eine Überprüfung durch Sachverständigengutachten (dictamen de peritos de la Administración) erfolgt.  Sofern die Überprüfung der Wertangaben durch die Finanzverwaltung ergibt, dass der angegebene Wert zu niedrig ist, soll der Steuerpflichtige zunächst angehört werden. Stimmt er der Nachfestsetzung nicht zu oder erhebt er Einwendungen, ergeht regelmäßig ein Bescheid über die Nachfestsetzung (liquidación complementaria). Dieser ist zu begründen (vgl. Art. 102. Abs. 2 LGT). Das Fehlen einer ausreichenden Begründung führt zur Nichtigkeit der Überprüfung und der hierauf gestützten Nachfestsetzung. 

Hinweis: ist die Rechtsmittelfrist abgelaufen, sollten Sie prüfen, ob die Zustellung wirksam ist. So ist z.B. eine Zustellung in Spanien unwirksam, wenn das Finanzamt - trotz positiver Kenntnis der Wohnadresse im Ausland - in Spanien öffentlich zugestellt hat.

Sofern die Steuer nicht verjährt ist und unter Berücksichtigung des Verböserungsverbots dürfen die Steuerbehörden aber erneut eine Überprüfung durchführen (STS 29-12-1998).

Neben der weiteren  Steuer werden regelmäßig auch Versäumniszuschläge (recargo) von bis zu 20 % der zu wenig abgeführten Steuer und Verzugszinsen (intereses de demora) festgesetzt.

Wertgutachtenstreit und Verwaltungswiderspruch

Die Bewertung durch die Behörde kann durch ein kontradiktorisches, gutachterliches Bewertungsverfahren gemäß Art. 135 LGT (Tasación Pericial Contradictoria, kurz: TPC) bestätigt oder berichtigt werden, Art. 57 Abs. 2 LGT.  Wenn Rechtsschutz gegen etwas anderes als die Bewertung selbst begehrt wird (z.B. weil der Gutachter nicht ausreichend qualifiziert war), kann zunächst Widerspruch  (Reclamación Económico-Administrativa) eingelegt und das TPC vorbehalten werden oder hilfsweise ein Antrag auf eine TPC gestellt werden.

Sofern die Finanzverwaltung für die Nachfestsetzung noch kein Sachverständigengutachten eingeholt hatte, so holt sie diese nun binnen 15 Tagen ein. Der Sachverständige muss die erforderliche Qualifikation haben. Für die Bewertung von Immobilien sind dies z.B. Architekten.  Das Gutachten muss

  • den Wert auf den maßgeblichen Tag ausweisen,
  • individualisiert sein
  • und die maßgeblichen rechtlichen und physischen Umstände aufzeigen, auf welchen die Überprüfung beruht.

Zur Bewertung von Immobilien ist es außerdem erforderlich, dass der Sachverständige die Immobilie in Augenschein nimmt (STS 18-01-1992 oder 29-03-2012). Das höchste Gericht von Valencia ((TSJ de la C Valenciana, Sentencia 16-3-1994) hat sogar die Auffassung vertreten, dass der Sachverständige der Finanzverwaltung oder ein von ihr beauftragter Sachverständiger bei städtischen Immobilien die Räume von Innen in Augenschein nehmen muss.

Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit binnen 15 Tagen nach Mitteilung einen eigenen, zugelassenen Sachverständigen (z.B. Tinsa) zu benennen und binnen weiterer 15 Tage ein Gegengutachten vorzulegen, Art. 98 Ziff. 3 Satz 2 DVO. Stimmen die Werte beider Wertgutachten überein, ist das Nachschätzungsverfahren  abgeschlossen. Übersteigt der von der Finanzverwaltung ermittelte Wert den Wert des Gegengutachtens um nicht mehr als 10 % und ist die Wertdifferenz nicht gleich oder höher als EURO 120.000,-- ist das Gegengutachten maßgebend, Art. 135 Abs. 2 LGT.

Andernfalls wird ein drittes Gutachten durch einen zertifizierten und zugelassenen Sachverständigen binnen 15 Tagen erstellt, welches für beide Seiten verbindlich ist. Nach verbindlicher Wertermittlung berichtigt oder bestätigt die Finanzverwaltung den Bescheid, Art. 98 Ziff. 8 DVO. Hiergegen ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Formelle Fehler der Finanzverwaltung bei der Wertfestsetzung können auch durch Verwaltungswiderspruch angegriffen werden. 

Bewertung des Nießbrauchs an Grundstücken

Besondere Regeln gibt es zur Bewertung von Nießbrauch (usufructo) und Wohnrecht (Derecho de habitación). Hierzu verweisen wir auch auf den Beitrag Der Nießbrauch im spanischen Zivil- und Steuerrecht

Bewertung des Inventars einer Wohnung

Gemäß Art. 15 span. ErbStG der Hausrat (ajuar doméstico) mit 3 % des Wertes des Nachlasses zu bewerten (oftmals als "Hausratspauschale" bezeichnet). Dies gilt nicht, wenn nachgewiesen wird, dass kein ajuar doméstico vorhanden war oder der Wert geringer ist.

Der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo, TS) hat mit Urteil vom 10.03. ( 342/2020) und Urteil vom 19.5.2020 (956/2020) entschieden, dass die Bemessungsgrundlage für die Vermutung nach Art. 15 span. ErbStG umfasst alle Vermögenswerte des Erblassers mit der Maßgabe, dass sie zum Voraus gehören. 

Bewertungsregeln ab dem 1.1.2022

Durch das Gesetz 11/2021 über Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung (Ley de Medidas de Prevención y Lucha contra el Fraude Fiscal), veröffentlicht  am 10. Juli 2021 im Amtsblatt, wurde Art. 9 span. ErbStG geändert. 

Nach Art. 9 Abs. 3 span. ErbStG ist bei Grundstücken der Wert des Grundstücks der in dem Gesetz über das Kataster (Ley del Catastro Inmobiliario) vorgesehene Referenzwert zum Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs.

Ist der von den Beteiligten angegebene Wert des Grundstücks jedoch höher als der Referenzwert, so wird der Referenzwert als Steuerbemessungsgrundlage herangezogen.

Gibt es keinen Referenzwert oder kann dieser nicht von der Generaldirektion für Katasterwesen bescheinigt werden, so ist die Steuerbemessungsgrundlage unbeschadet der administrativen Überprüfung der höhere der folgenden Werte: der von den Beteiligten angegebene Wert oder der Marktwert.

Nach Art. 9 Abs. 4 span. ErbStG kann der Referenzwert nur angefochten werden, wenn gegen die von der Steuerverwaltung vorgenommene Abrechnung Einspruch eingelegt wird oder wenn die Berichtigung der Selbstveranlagung gemäß den im Gesetz 58/2003 vom 17. Dezember, Allgemeines Steuergesetz, geregelten Verfahren beantragt wird.

Nach Artikel 18 Abs. 1 span. ErbStG erfolgt bei Angabe des Referenzwertes keine Überprüfung nach Artikel 57 des Allgemeinen Steuergesetzes. 

Die Neuregelung gilt für Steuertatbestände ab dem 1.1.2022. 

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