Berliner Testament - Fragen und Antworten

Als Fachanwalt für Erbrecht werden ich oft gefragt, welche Wirkungen eine Berliner Testament hat. Der Beitrag erläutert in Frage und Antwort unter welchen Voraussetzungen ein Berliner Testament errichtet werden kann und welche Wirkungen es hat.

Was ist ein Berliner Testament?

Als Berliner Testament wird ein gemeinschaftliches Testament bezeichnet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig auf den Tod des anderen zu Alleinerben einsetzen und bestimmen, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen oder im Fall des gleichzeitigen Versterbens der Nachlass an eine oder mehre Personen (in der Regel die gemeinsamen Kinder) fallen soll. 

Wer kann ein Berliner Testament errichten?

Ein gemeinschaftliches Testament können nur Ehegatten (§ 2265 BGB) und eingetragene Lebenspartner (§ 10 Abs.4 Lebenspartnerschaftsgesetz-LPartG) errichten. 

In welcher Form kann ein Berliner Testament errichtet werden?

Ein Berliner Testament kann (wie jedes gemeinschaftliches Testament) in

  • notariell beurkundeter oder
  • eigenhändiger Form errichtet werden.

Wer schreibt beim eigenhändigen Testament?

Bei der eigenhändigen Form genügt es, wenn ein Ehegatte das gemeinschaftliche Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und der andere einen eigenhändigen unterschriebenen Zusatz anfügt, der seine Zustimmung zu dem Inhalt des Testaments zum Ausdruck bringt. Da bei sollen Zeit und Ort der Leistung der Unterschrift angegeben werden. 

Was kann in einem Berliner Testament verfügt werden?

In einem gemeinschaftlichen Testament können die Ehegatten alle in einem Testament zulässigen letztwilligen Verfügungen treffen, z.B.

Was ist eine wechselbezügliche Verfügung?

Eine wechselbezügliche Verfügung ist eine letztwillige Verfügung, die derart mit der Verfügung eines anderen verbunden ist, dass nicht anzunehmen ist, dass sie ohne diese getroffen sein würde (vgl. § 2270 Abs. 1 BGB). 

Was sind die Folgen des Widerrufs oder Unwirksamkeit einer wechselbezüglichen Verfügung?

Haben die Ehegatten (oder registrierten Lebenspartner) wechselbezügliche Verfügung getroffen, so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge, § 2270 Abs. 1 BGB.

Wann ist eine Verfügung wechselbezüglich?

Eine letztwillige Verfügung im Testament ist wechselbezüglich, wenn die Ehegatten dies im Testament bestimmt haben. 

Was ist, wenn es keine ausdrückliche Bestimmung gibt?

Ist nicht ausdrücklich bestimmt, welche Verfügungen wechselbezüglich sind, ist durch Testamentsauslegung der Wille der verfügenden Ehegatten zu ermitteln, ob die Verfügung wechselbezüglich ist. Es muss also erforscht werden, was der Wille des Verfügenden war (z.B. durch Befragung von Verwandten oder Hinweise im Testament). Werden die Kinder in einem gemeinschaftlichen Testament nur als Schlusserben bedacht, ist die Verfügung zu Gunsten des überlebenden Ehegatten (unter Ausschluss der Kinder) regelmäßig auch wechselbezüglich zur Schlusserbeneinsetzung (OLG München, Beschluss vom 13. 9. 2010 - 31 Wx 119/10).  

Sind die Verfügungen zu Gunsten der gemeinsamen Kinder wechselbezüglich?

Bei einem Berliner Testament sind die Erbeinsetzung des anderen Ehegatten und die Verfügungen zu Gunsten von Verwandten oder anderen nahe stehenden Personen (z.B. Freund) im Zweifel wechselbezüglich, § 2270 Abs. 2 BGB.

Ist die Erbeinsetzung zu Gunsten des anderen Ehegatten wechselbezüglich?

Bei einem Berliner Testament ist die Erbeinsetzung des anderen Ehegatten im Zweifel wechselbezüglich, § 2270 Abs. 2 BGB. Aus dem Testament kann sich aber ergeben, dass keine Wechselbezüglichkeit gewollt war. 

Kann ein Berliner Testament zu Lebzeiten beider Ehegatten/Partner widerrufen werden?

Zu Lebzeiten beider Ehegatten können diese ihre jeweiligen letztwilligen Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament – im Grundsatz – frei und einseitig widerrufen.

Sind auch wechselseitige Verfügungen zu Lebzeiten frei widerruflich?

Der einseitige Widerruf einer wechselseitigen Verfügung wird aber erst wirksam, wenn er dem anderen Ehegatten in notariell beurkundeter Form zugeht, § 2271 BGB i.V.m. § 2296 BGB.

Können die letztwilligen Verfügungen nach dem Tod ersten Ehegatten vom überlebenden Ehegatten widerrufen oder geändert werden? 

Mit dem Tod eines Ehegatten erlischt das Recht das gemeinschaftliche Testament zu widerrufen im Hinblick auf wechselseitige Verfügungen, d.h. der Überlebende ist in seiner Testierfreiheit eingeschränkt und kann nicht mehr von den wechselseitigen Verfügungen im dem gemeinschaftlichen Testament abweichend neu von Todes wegen verfügen, sog. „Bindungswirkung“. Spätere Testamente des überlebenden Ehegatten sind unwirksam, soweit sie den wechselbezüglichen Verfügungen widersprechen.

Gilt dies auch, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt?

Wenn der überlebende Ehegatte ausschlägt, kann er im Grundsatz frei testieren. 

Welche Folgen hat eine Scheidung?

Eine letztwillige Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist (z.B. durch rechtskräftiges Scheidungsurteil), § 2077 (1) BGB.

Was ist, wenn Scheidungsantrag gestellt wurde, aber das Scheidungsurteil noch nicht ergangen ist?

Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, § 2077 (1) BGB.

Gibt es auch Fälle, in denen das Berliner Testament trotz Scheidung wirksam bleibt? 

Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde, § 2277 BGB.

Kann durch Schenkungen die Bindungswirkung umgegangen werden?

In dieser Situation wird oftmals versucht durch Schenkungen an Dritte zu Lebzeiten den Kindern das Vermögen zu entziehen. Liegt eine beeinträchtigende Schenkung vor können die Erben allerdings im Erbfall Herausgabe des Geschenks verlangen.

Wann besteht keine Beeinträchtigungsabsicht?

Eine Beeinträchtigungsabsicht besteht dann nicht, wenn der Schenkende ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hatte, z.B. weil der Beschenkte den Erblasser pflegt. Allerdings muss das Eigeninteresse auch im Verhältnis zur Zuwendung stehen. 

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